Das InterNetzteil- und Konverter-Handbuch von Dipl.-Ing Jörg Rehrmann
8. Flusswandler

Wie der Name bereits vermuten lässt, wird beim Flusswandler die Energie nicht im Trafo zwischengespeichert, sondern bereits während der Flussphase direkt von der Primär- auf die Sekundärspule übertragen. Das ist das gleiche Prinzip, wie es bereits von den 50-Hz-Trafos her bekannt ist. Der Flusswandler hat im Wesentlichen drei Vorteile:

  1. Auch ohne Regelung lässt sich eine relativ stabile Ausgangsspannung erreichen. Wie beim 50-Hz-Trafo wird die Ausgangsspannung durch Eingangsspannung und Übersetzungsverhältnis des Trafos bestimmt.
  2. Der effektive Spulenstrom ist geringer. Im Idealfall kann der Spulenstrom während der gesamten Flussphase eines Eintakt-Flusswandlers konstant bleiben. Dadurch lässt sich die übertragbare Leistung des Trafos im Vergleich zu Sperrwandlern bei gleicher Schaltfrequenz etwa verdoppeln.
  3. Das Flusswandlerprinzip erlaubt auch einen Gegentaktbetrieb. Dadurch lässt sich die Flussdauer auf nahezu 100 % der Schaltfrequenzperiode verdoppeln, was einer nochmaligen Leistungserhöhung um den Faktor √2 entspricht. Noch vorteilhafter ist, dass sich das Magnetfeld beim Gegentakt-Flusswandler in beide Richtungen aufbaut. Dadurch halbiert sich die Zeit, in der das Feld jeweils aufgebaut wird; in der ersten Hälfte jeder Flussphase muss sich das jeweilige Gegenfeld zunächst abbauen. Bei gegebener Schaltfrequenz und Trafogröße lässt sich dann die Induktionsspannung im Trafo verdoppeln. Dies entspricht einer Halbierung der Windungszahl bei doppeltem Drahtquerschnitt, also nur noch ¼ des Innenwiderstand und ¼ der Streuinduktivität. Das macht noch einmal eine Verdopplung der Leistung und insgesamt eine Leistungssteigerung gegenüber einem gleichgroßen Sperrwandlertrafo von 4√2 . Das wäre dann der Extremfall eines ungeregelten Flusswandlers ohne nennenswerte Totzeit.

8.1 Ungeregelte Eintakt-Flusswandler
Der Eintakt-Flusswandler wird vorwiegend dort eingesetzt, wo mit minimalem Aufwand potentialfreie Hilfsspannungen erzeugt werden sollen. Da es sich meistens um kleinere Betriebsspannungen handelt, ist der Aufbau unkritisch und ein elektronischer Überlastungsschutz nicht erforderlich.

Forward

Bild 8.1 A Fluss und Sperrphase beim Eintakt-Flusswandler

Die Wandlerphasen in Bild 8.1 A sind auf den ersten Blick denen des Sperrwandlers in Bild 7 A sehr ähnlich. Allerdings arbeiten die beiden Schalter jetzt synchron. Entweder es fließt ein Strom durch Primär- und Sekundärspule oder es fließt überhaupt kein Strom im Trafo. Außerdem ist jetzt zu beachten, dass die Polarität der Spulen zueinander vertauscht ist. Genau wie beim Sperrwandler entsteht auch beim Eintakt-Flusswandler ein unerwünschtes Streufeld, das mit einem geeigneten Dämpfungsglied primärseitig entsorgt werden muss. Zusätzlich zum Streufeld muss beim Flusswandler aber noch die im Kern gespeicherte Energie entsorgt werden. Durch Vermeidung eines Luftspaltes und Verwendung von hochpermeablen Werkstoffen (Weicheisen oder Ferrit) kann diese Energie aber minimiert werden.
Ein Flusswandler kann selbstschwingend oder mit einer Festfrequenz betrieben werden. Beim selbstschwingenden Wandler kann das Ende der Flussphase nicht von der Höhe des Primärstromes gesteuert werden, da dieser direkt lastabhängig ist. Bei kleinen Wandlern ist es üblich, den Trafo einfach in die Sättigung zu fahren. Da ein Flusswandlertrafo i.d.R. keinen Luftspalt besitzt, ist dessen Induktivität sehr groß und es fließt bis kurz vor der Sättigung nur ein geringer Primärstrom. Der schnelle Stromanstieg führt dann auch zur Sättigung des Schalttransistors und leitet die Sperrphase ein.

Forward-LowPo

Bild 8.1 B Ungeregelte selbstschwingender Flusswandler für kleine Leistungen

Auf den ersten Blick ist in Bild 8.1 B kein Unterschied zu den Sperrwandlern aus Bild 7.1 B zu sehen. Der wesentliche Unterschied verbirgt sich im Trafo. Erstens ist die Sekundärspule anders gepolt und zweitens hat der Trafokern keinen Luftspalt. Die Spulen können im Prinzip unverändert bleiben. Im Gegensatz zu den fast baugleichen Sperrwandlern ist bei diesen Flusswandlern die Ausgangsspannung relativ laststabil, auch im Leerlauf. Gleichzeitig erhöht auch eine sekundärseitige Belastung die primärseitige Leistungsaufnahme. Der Wandler nimmt auch ohne Regelung nur soviel Leistung auf, wie er gerade braucht um die Ausgangsspannung aufrecht zu erhalten. Mit diesen Wandlern lassen sich Ausgangsleistungen um die 8 Watt und ein Wirkungsgrad von ca. 80 % erreichen.
Auch mit einem MOSFET lässt sich ein selbstschwingender Flusswandler aufbauen. Dieser ist dann weitgehend identisch mit dem geregelten Sperrwandler aus Bild 7.2 B, wobei die Regelung entfällt.

Self-Osc-Forward-MOS

Bild 8.1 C Selbstschwingender Flusswandler mit MOSFET

Wie man in Bild 8.1 C sieht, ist der Wandler sehr einfach aufgebaut. Eine Zenerdiode begrenzt die Gate-Source-Spannung auf 5,6 Volt, damit der FET ein einigermaßen definiertes Sättigungsverhalten aufweist. Wenn der Trafokern am Ende der Flussphase in die Sättigung gerät, kann daher die Drain-Source-Spannung ansteigen und die Sperrphase initiiert werden. Mit diesem Wandler lassen sich rund 80 Watt Ausgangsleistung bei einem Wirkungsgrad von 70-80 % erzielen.
Natürlich kann man den Eintakt-Flusswandler auch mit einer festen Frequenz betreiben. Dazu benötigt man einen Taktgeber, für den sich der NE 555 anbietet. In Bild 8.1 D habe ich einen solchen Wandler aufgezeichnet. Der Taktgeber ist direkt aus Bild 5.1 B übernommen und erzeugt eine symmetrische Rechteckspannung. Der Wandler arbeitet also mit einem festen Tastverhältnis von ca. 50 %.

Forward-LowVo

Bild 8.1 D Ungeregelter Festfrequenz-Flusswandler für kleine Betriebsspannungen

Mit diesem Wandler können Leistungen bis etwa 100 Watt gewandelt werden, allerdings würde ich bei Leistungen über 50 Watt einen Gegentaktwandler aus Kapitel 8.3 empfehlen.

8.2 Geregelte Eintakt-Flusswandler
Um einen Flusswandler regelbar machen zu können, ist noch eine zusätzliche Speicherdrossel nötig. Der Aufwand lohnt eigentlich nur bei höheren Leistungen, z.B. in Schaltnetzteilen.

Forward-Reg

Bild 8.2 A Fluss- und Sperrphase beim regelbaren Eintakt-Flusswandler

Der regelbare Eintakt Flusswandler arbeitet ähnlich wie ein Step-Down-Wandler. In Bild 8.2 A sind die Phasen des Wandlers aufgezeigt. Während der Flussphase wird die ungeregelte Sekundärspannung über eine Speicherdrossel auf die Ausgangsspannung geschaltet. Da die Sekundärspannung wesentlich höher ist als die Ausgangsspannung, wird die Drossel dabei „aufgeladen“. Während der Sperrphase wird die Drossel vom Trafo getrennt und stattdessen mit dem Minuspol der Ausgangsspannung verbunden, sodass sie ihre gespeicherte Energie wieder auf den Ausgang geben kann. Genau wie auch beim Step-Down-Wandler wird dann die Ausgangsspannung durch das Tastverhältnis und die Höhe der Sekundärspannung bestimmt. Da man dem Trafo min. 50 % der Periodendauer zum Entmagnetisieren zugestehen sollte, liegt die obere Grenze der Einschaltdauer bei 50 %, d.h., die Sekundärspannung muss mindestens doppelt so groß sein wie die vorgesehene Ausgangsspannung. Um noch Regelreserven zu haben, sollte man aber mindestens den Faktor 3 einkalkulieren.
Günstigerweise können die beiden sekundärseitigen Schalter wieder durch Dioden ersetzt werden, sodass die Steuerung der Ausgangsspannung über die Einschaltdauer des primärseitigen Schalters möglich ist.
Da geregelte Eintakt-Flusswandler heutzutage nicht mehr so häufig eingesetzt werden, gibt es dafür auch keine Standard-Steuer-ICs. Allerdings können ICs für Sperrwandler oder normale PWM-Regler-ICs eingesetzt werden. Üblicherweise verwendet man ICs, die bereits eine eingebaute Pulsbreitenbegrenzung von 50 % haben. Verwendbar wäre z.B. der UC 3844. Dieser ist nicht so verbreitet wie der 3842, ist aber weitgehend identisch mit diesem.

Forward-HiPo

Bild 8.2 B Geregeltes Eintakt-Flusswandler-Netzteil

Der 3844 enthält zusätzlich noch ein Flipflop, das bei jedem zweiten Oszillatortakt das Steuersignal für den Schalttransistor unterdrückt. Die Schaltfrequenz ist dementsprechend nur die halbe Oszillatorfrequenz (Pin 4). Die einfachste Form eines Eintakt-Flusswandler-Netzteiles habe ich in Bild 8.2 B aufgezeichnet. Damit der 3844 im PWM-Modus arbeiten kann, bekommt er an Pin 3 eine „künstlich“ erzeugte Rampenspannung, die dem Oszillator an Pin 4 entnommen und mit dem Emitterfolger T1 hochohmig ausgekoppelt wird. R 4 und R 5 teilen die Oszillatorspannung auf die an Pin 3 übliche Amplitude herunter. Die Einschaltdauer kann dann zwischen 0 und fast 50 % liegen. Genau wie der 3842 hat auch der 3844 eine Anlaufschaltung, die alle internen Funktionen des IC abschaltet, damit sich C 7 über R 1 ungestört bis auf die Startspannung von ca. 16 Volt aufladen kann. Während man Sperrwandler üblicherweise mit Maximalleistung anfährt, was der 3844 auch tun würde, sollte man beim Flusswandler etwas vorsichtiger starten, sonst könnte es z.B. zu Überlastung wegen des noch ungeladenen Siebelkos auf der Sekundärseite kommen. Deswegen ist die Schaltung auch mit einem Soft-Starter versehen. Sobald der 3844 den Betrieb aufnimmt, liegt an Pin 8 die Referenzspannung von 5 V an. Da C 3 noch ungeladen ist, schaltet T 2 durch und schließt den Steuereingang des ICs Pin 1 gegen Masse kurz. C 3 lädt sich dann über R 3 auf, bis am Ausgang Pin 6 ein immer breiter werdender Impuls entsteht. Der Softstart darf nicht zu lange dauern, damit der Wandler zu arbeiten beginnt, bevor die Spannung an C 7 zu weit abgesunken ist, dass der 3844 wieder abschaltet. Wenn die Regelung über den Optokoppler einsetzt, wird die Spannung an Pin 1 und die Impulsbreite wieder geringer. C 3 lädt sich jedoch weiter bis auf 5 Volt auf und hat keinen Einfluss mehr auf die Regelung.
Da der Primärstrom nicht mehr vom IC überwacht wird, wurde eine zusätzliche Schutzschaltung eingebaut. Sobald an R 11 eine Spannung von mehr als 0,6 Volt abfällt, was einem Primärstrom von 6 Ampere entspricht, zündet die Thyristor-Nachbildung T3/T4, die sofort die Gatespannung von T 1 über D 2 kurzschließt. Normalerweise würden T 3 und T 4 beim nächsten Gate-Steuerimpuls wieder sperren. Da ein zu hoher Primärstrom aber auf ein ernstzunehmendes Problem hindeutet, soll das Netzteil schnell abgeschaltet werden. Über den Widerstand R 8 fließt ein Strom aus der Betriebsspannung des IC, der T 3 und T 4 durchgeschaltet lässt, bis C 7 entladen ist. Der Anlaufstrom über R 1, der weiterhin fließt, reicht allerdings nicht aus, T 3 und T 4 eingeschaltet zu lassen. Der Haltestrom wird mit R 7 so hoch eingestellt, dass T 3 und T 4 wieder sperren, sobald C 7 entladen ist. Danach startet ein neuer Anlauf. Wird R 7 höher gewählt, z.B. 1 kOhm, bleibt die Schutzschaltung aktiviert, bis das Gerät für einige Zeit vom Netz getrennt wurde.
Die Hilfswicklung W 3 des Trafos muss so bemessen sein, dass sich im Normalbetrieb an C 7 eine Betriebsspannung von 12-16 Volt einstellt. Da die Spule in diesem Beispiel nur 3 Windungen hat, ist ein Feinabgleich u.U. etwas schwierig. In diesem Fall wird die Windungszahl um eins erhöht und R 12 so angepasst, dass die Spannung wieder stimmt.
Eine Besonderheit ist die Entmagnetisierungsschaltung, auf die ich wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung in Kapitel 9 genauer eingehen werde. Die Besonderheit besteht darin, dass die in Kern und Streufeld gespeicherte Energie nicht in einem Dämpfungsglied in Wärme umgesetzt, wird sondern über D 3 der Betriebsspannung zurückgeführt wird. Ein Aufwand, der sich bei größeren Netzteilen, insbesondere bei Flusswandlern immer lohnt.

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