Bei Sperrwandlern, Eintakt-Flusswandlern und Gegentakt-Flusswandlern mit Parallelspeisung (je eine Spule pro Transistor) ist die Verarbeitung der im Streufeld gespeicherten Energie ein wesentliches Problem. Bei Eintakt-Flusswandlern kommt noch die Entsorgung oder besser die Rückgewinnung der Magnetisierungsenergie hinzu. Weil dieses Thema so wichtig ist, habe ich dem ein eigenes Kapitel gewidmet. Ich möchte die angewendeten Techniken in zwei Hauptgruppen unterteilen:
9.1 Thermische Streufeldentsorgung
Die
thermische Entsorgung der überschüssigen Feldenergie ist
schaltungstechnisch die einfachste Lösung. Sie wird vorwiegend
bei kleinen Wandlerleistungen angewandt, wo der Energieverlust nicht
so sehr ins Gewicht fällt.
Im
Wesentlichen sind drei Varianten üblich, die ich in Bild 9.1 A-C
aufgezeichnet habe. In Bild 9.1 A ist die einfachste Version mit
einem RC-Dämpfungsglied zu
sehen, die aber i.d.R.
auch den schlechtesten Wirkungsgrad hat
und am schwierigsten zu berechnen ist. Zusätzlich zur
anfallenden Streuenergie muss der Kondensator C 1 pro Periode je
einmal auf die Primärspannung Ue und die auf die Primärseite
transformierte Ausgangsspannung Ua’ = Ua W1/W2 mit W 1 =
Windungszahl der Primärspule und W 2 = Windungszahl der
Sekundärspule aufgeladen werden. Die dabei verloren gehende
Energie ist 1/2 ClUe2
+ 1/2 ClUa'2
pro
Periode. Die einzige Möglichkeit, dies so zu beeinflussen,
dass weniger Verluste entstehen, besteht darin, C 1 möglichst
klein zu lassen. Nach dem Abschalten des Transistors muss die
Spannung am Transistor mindestens auf Ue + Ua’ ansteigen. Dazu
addiert sich dann noch die in der Streuinduktivität induzierte
Spannung. Die Streuinduktivität Ls bildet dann
zusammen mit C 1 einen Schwingkreis, der jetzt frei weiterschwingen
kann und dessen Spannung sich zu Ue + Ua’ addiert. Der
Widerstand R 1 soll die relativ hochfrequente Schwingung möglichst
schnell dämpfen, um hochfrequente Störabstrahlungen zu
vermeiden. Die optimale Dimensionierung ist nicht so leicht zu
definieren. Einerseits soll der Kondensator möglichst klein
sein, damit die Verluste gering sind, andererseits ist die am
Transistor auftretende Induktionsspannung umso größer
je kleiner der Kondensator ist. Gerade bei MOSFETs handelt man sich
mit einer hohen Sperrspannung aber auch einen hohen
Einschaltwiderstand und geringe Strombelastbarkeit ein. Es gilt also,
einen Kompromiss zu finden, wobei man natürlich zunächst
die Streuinduktivität durch eine gute magnetische Kopplung der Spulen
minimieren muss. Soll z.B. bei einem Sperrwandlernetzteil
ein 600-Volt-Transistor zum Einsatz kommen, was tatsächlich oft
der Fall ist, geht man zunächst von einer höchstmöglichen
Netzgleichspannung von 400 Volt aus. In diesem Fall dürfen die
600 Volt nicht überschritten werden. Setzt man jetzt Ua’
und die in der Streuinduktivität induzierte Spannung mit je 100
Volt an, ist der Rahmen bereits ausgeschöpft. Bekannt ist auch
der maximale Spulenstrom Imax, der unmittelbar vor dem Ausschalten
des Transistors auftritt. Daraus ergibt sich die in der
Streuinduktivität gespeicherte Energie zu
Ws = 1/2 LsI2max
.
Im Extremfall kann die gesamte Energie aus dem Streufeld in den
Kondensator C 1 wandern. Für die Energie im Kondensator gilt Wc
= 1/2 ClUc2
.
Bei vollständiger Energieübertragung gilt LsImax2
= ClUc2
.
Referenzpotential für die Berechnung der Energie im Kondensator
ist die Plateauspannung Ue +
Ua’, da sich
zu dieser Spannung die Induktionsspannung der Streuinduktivität
addiert. Uc ist in diesem Beispiel also mit 100 Volt anzunehmen. Da
jetzt alle anderen Größen bekannt sind, kann man C 1
ausrechnen, indem man die Formel nach C 1 auflöst Cl
= Ls Imax2/Uc2
.
Für den Wert von R 1 gibt es eine Obergrenze die durch den
Resonanzwiderstand des
Schwingkreises Ls/C1
festgelegt ist. Bei Rl = √(Ls/Cl)
ist
der Schwingkreis kritisch gedämpft und eine weitere
Erhöhung von R 1 bringt statt einer höheren Dämpfung
nur eine höhere Spannung am Transistor. Wenn sich nach der
Berechnung von R 1 herausstellt, dass nach dem Abschalten des
Transistors der Spulenstrom einen erheblichen Spannungsabfall im
Widerstand verursacht, sollte R 1 lieber etwas kleiner
ausfallen. Die Spannung schwingt dann zwar über einige Perioden
aus, das ist aber nicht so schlimm wie eine zu hohe Spannung am
Transistor. Wesentlich besser und gebräuchlicher ist die
Schaltung in Bild 9.1 B. Sie hat den Vorteil, dass sie in der negativen
Flanke und während der Flußphase keine Verluste produziert
Soll der Wirkungsgrad bei Volllast
optimiert werden, lässt sich diese Schaltung relativ leicht
berechnen. Dazu wählt man C 1 so groß, dass sich dessen
Spannung innerhalb einer Periode nicht wesentlich ändert, d.h.
ClRl » 1/f
.
Bild 9.1 A | Bild 9.1 B | Bild 9.1 C |
Drei gängige Varianten der thermischen Streufeldentsorgung
Aus der Berechnung des Wandlers weiß man, wie hoch bei Volllast die Schaltfrequenz f und der Spulenstrom Imax ist. Wenn auch die Streuinduktivität bekannt ist, ergibt sich die Streufeldenergie zu Ws = 1/2 LsImax2 und damit die aus dem Streufeld zu entsorgende Leistung zu Ps = 1/2 fLsImax2 . Soll die am Transistor auftretende Spannung minimal ( ca. Ue + Ua’) sein, kann man R 1 so bemessen, dass er ein Vielfaches dieser Leistung umsetzt, wenn an ihm die Spannung Ua’ anliegt. Da Ua' immer an R 1 anliegt, wird diese Leistung selbst im Leerlauf umgesetzt. Der Wirkungsgrad lässt sich verbessern, wenn man eine höhere Spannung an R 1 und C 1 zulässt. Dazu wird R 1 größer gewählt, damit die Verlustleistung insbesondere bei geringer Last niedriger wird. Bei Volllast steigt die Spannung dann über Ua, bis in R1 die gesamte Streufeldleistung umgesetzt werden kann. Die in R1 umgesetzte Leistung ist wegen der sich addierenden Induktionsspannung der Hauptinduktivität aber immer deutlich größer als die Streufeldleistung. Was nun die optimale Dimensionierung ist, hängt also auch vom jeweiligen Anwendungsfall ab. Noch einfacher ist die Dimensionierung in Bild 9.1 C. Die Spannungsspitze wird einfach mit einer Zener- oder besser einer Supressordiode abgefangen. Die Zenerspannung wird etwas größer als Ua’ gewählt, damit die Diode nicht durch die reguläre Induktionsspannung der primärseitigen Hauptinduktivität leitend wird. Die nötige Verlustleistung der Zenerdiode ist immer deutlich größer als die Streufeldleistung bei Volllast. Genau wie beim RCD-Netzwerk aus Bild 9.1.B liegt das daran, dass sich zu der von der Streuinduktivität induzierten Spannung noch die Spannung der Hauptinduktivität addiert. Der Vorteil der Zenerdiodenschaltung besteht jedoch darin, dass bei geringer Last nur wenig Leistung in der Zenerdiode umgesetzt werden muß. Da die Zenerdiode in Sperrrichtung betrieben wird, muss noch die Diode D 1 in Serie geschaltet werden. Sie hält während der Flussphase die Eingangsspannung Ue von der Zenerdiode fern, da Ue sonst von der in Durchlassrichtung geschalteten Zenerdiode kurzgeschlossen würde.
9.2 Regenerative
Streufeldentsorgung
Um den
Wirkungsgrad zu verbessern und auch Kühlprobleme zu vermeiden,
wird man vor allem bei höheren Leistungen versuchen, die im
Streufeld gespeicherte Energie zurückzuführen.
Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, die natürlich
aufwendiger sind als die thermische Entsorgungstechniken. Die meisten
davon habe ich bei den entsprechenden Wandlern bereits
vorweggenommen. Am besten ist es natürlich, wenn das
Wandlungsprinzip bereits eine Rückführung „frei Haus“
liefert. Leider ist das nur bei Halb- und Vollbrückenschaltungen
der Fall.
Bild 9.2 A | Bild 9.2 B |
Rückführung der Magnetisierungs- und Streufeldenergie
Da solche
Wandler meistens nur bei höheren Leistungen eingesetzt werden,
muss bei kleineren Wandlerleistungen eine zusätzliche
Schaltung die Streufeld- und ggf. die Magnetisierungsenergie (bei
Flusswandlern) zurückführen. In Bild 9.2 A ist die
einfache Ausführung einer Rückführung der
Magnetisierungsenergie zu sehen, wie sie bei
Eintakt-Flusswandlern verwendet wird. Während der Sperrphase
wird die Energie über die Entmagnetisierungsspule W 2 auf die
Versorgungsspannung zurückgeführt. Da die
magnetische Kopplung von W 1
und W 2 jedoch
nicht ideal ist, bleibt immer noch ein Streufeld übrig, das direkt an W
1 entsorgt werden muss. Es ist also
zusätzlich noch eine der Schaltungen aus den Bildern 9.1
erforderlich.
Besser ist
die Schaltung in Bild 9.2 B. Die Wicklungen W 1 und W 2 haben genau
die gleichen Windungszahlen. Die Spulen sind so geschaltet, dass an
den Punkten, an denen der Kondensator C 1 angeschlossen ist, die
Signale genau phasengleich sind. Über C 1 werden sie dann fest
miteinander verkoppelt. Der Koppelkondensator C 1 schließt sozusagen
die Streuinduktivität zwischen W 1 und W 2 kurz. Jetzt kann sowohl die
Magnetisierungsenergie als
auch die
Streufeldenergie direkt über
die Diode
D 1 der Versorgungsspannung zurückgeführt werden. Da C 1 im
Ersatzschaltbild parallel zur Streuinduktivität liegt, kann
es theoretisch zu unerwünschten Resonanzschwingungen
kommen. Diese verhindert man, indem C 1 so groß gewählt
wird, dass die Resonanzfrequenz dieser Kombination weit
unterhalb der Schaltfrequenz liegt. Das gleiche Problem gibt es auch
bei Gegentaktwandlern mit Parallelspeisung,
also
mit getrennten Spulen für jeden Transistor.
Bild 9.2 C Energierückführung beim Gegentaktwandler
Wie man in
Bild 9.2 C sieht, ist das Prinzip genau das Gleiche. Alles ist nur
symmetrisch, bzw. doppelt aufgebaut. Die bisher beschriebenen
Energierückführungen haben
alle den
Nachteil, dass der Trafo relativ viele Wicklungen benötigt und
daher recht aufwendig in der Herstellung ist und außerdem der
zur Verfügung stehende Wickelraum nicht optimal genutzt wird.
Noch interessanter ist eine Technik, bei der keine zusätzliche
Spule zur Rückführung benötigt wird. Dies ist mit
einer Brückenschaltung möglich. Wie in Bild 9.2 D/E zu
sehen ist, besteht die Brücke aus je zwei Dioden und
Transistoren, die diagonal gegenübersitzen. Beide Transistoren
werden in der Flussphase synchron eingeschaltet und während der
Sperrphase synchron wieder ausgeschaltet. Ein Transistor legt die
Primärspule jeweils auf Masse und der andere das andere Ende
gleichzeitig auf Betriebsspannung. In der Sperrphase kann sich
die Polarität der Spannung in der Primärspule umkehren, und
die Energie im Trafo über die Dioden D 1 und D 2 der
Betriebsspannung zurückgeführt werden. Die
Transistoren brauchen nur die einfache Betriebsspannung vertragen,
was sich bei MOSFETs günstig auf die Strombelastbarkeit der
verwendbaren Typen auswirkt.
Ein Nachteil
der Brückenschaltung ist wieder die schwierige Ansteuerbarkeit
des Transistors im oberen Brückenzweig. Geeignete
Steuerschaltungen mit und ohne Trafo habe ich ja bereits zu genüge
vorgestellt. Eine interessante Variante der Ansteuerung ist in Bild
9.2 E zu sehen. Das Steuersignal für T 1 kann direkt dem
Wandlertrafo entnommen werden. Sobald T 2 angesteuert wird, sinkt die
Sourcespannung von T 1. Über R 1 wird nun das Gate von T 1 auf
eine Vorspannung gebracht, sodass auch T 1 beginnt zu leiten. Wenn
nun T 2 schaltet, bewirkt dies eine Strom- und Spannungsänderung
in der Primärspule und in der Hilfswicklung. Über R 3 und C
1 wird dann T 1 richtig durchgeschaltet oder gesperrt je nach
aktueller Phase. Der Anlaufwiderstand R 1 ist für
Betriebsspannungen von über 100 Volt ausgelegt und muss bei
kleineren Betriebsspannungen entsprechend verkleinert werden,
damit T 1 genügend Gatespannung bekommt. Im Normalfall kann R 2
sogar ganz entfallen. Dann bräuchte R 1 auch nicht mehr der
Betriebsspannung angepasst werden. Der Spannungshub an der
Hilfswicklung sollte etwa 20 Volt betragen.
Bild 9.2 D | Bild 9.2 E |
Energierückführung mit einer Brückenschaltung
Wird eine der vorgestellten Schaltungen zur Rückgewinnung der Streufeldenergie eingesetzt, ist zu beachten, dass die Induktionsspannung während der Sperrphase nie größer als die Betriebsspannung sein kann. Deshalb darf die Einschaltdauer des Schalttransistors 50 % niemals übersteigen. Andernfalls ist eine vollständige Entmagnetisierung des Trafokernes während der Sperrphase nicht mehr möglich und es besteht Gefahr, dass der Kern in die Sättigung gefahren wird. Dies kann insbesondere bei Eintakt-Flusswandlern passieren, da sich bei Kernen ohne Luftspalt die drohende Sättigung nicht ankündigt. Deshalb sollten nur Steuer ICs verwendet werden, die die Einschaltdauer auf 50 % begrenzen. Dies ist z.B. der UC 3844 und der UC 3845. Auch die Standard-ICs für Gegentakt-Ansteuerung ( SG 3524, SG 3525 und TL 494) sind dafür geeignet, wenn man einfach nur einen Gegentakt-Zweig benutzt.